Tipps vom Hundeflüsterer
Der Hundeflüsterer und Autor des Buches ist Cesar Millan. Er hat in Amerika durch Fernsehsendungen eine gewisse Bekanntheit erlangt. In seinen Shows stellt Millan verängstigte, verunsicherte oder aggressive Hunde vor. Besonders interessant für die Zuschauer: Die Halter dieser Hunde sind bekannte Persönlichkeiten wie zum Beispiel die Talkshow-Moderatorin Oprah Gail Winfrey oder der Schauspieler Oprah Will Smith. Der Hundeflüsterer zeigt während der Sendung Probleme zwischen Hund und Halter auf und bietet Lösungen an. Millans Selbstverständnis: Er rehabilitiert Hunde und trainiert Menschen.
Das Buch
Kurz vorweg: Das Buch enthält keine Erziehungsratschläge für Hunde. Vielmehr erläutert Millan seine Philosophie zur artgerechten und gesunden Hundehaltung. Außerdem stellt er dar, wie seiner Meinung nach eine reibungslose, freudvolle Beziehung zwischen Hund und Haltern zu funktionieren hat.
„Vermenschlichte“ Hunde sind das größte Problem
Die Philosophie Millans ist einfach: In der westlichen Welt werden die meisten Hunde „vermenschlicht“. Hunde dürfen also keine Hunde mehr sein und führen in den Großstädten oder auch auf dem Land ein armseliges, unglückliches Leben. Weshalb? Die Menschen lieben ihre Hunde zu sehr. Darüber vergessen die Menschen, dass es sich um Rudeltiere handelt, die um „geistig“ und körperlich gesund zu bleiben Bewegung, Disziplin und zuletzt Zuneigung brauchen. Auf diese Reihenfolge legt der Autor besonderen Wert und kommt darauf in verschiedenen Kapiteln immer wieder zurück.
Das Hunde-Psychologie-Zentrum
Eine andere, wiederkehrende Aussage des Hundeflüsterers lautet: Der Hund ist ein Rudeltier. Folglich muss der Hundehalter zu jeder Zeit und in jeder Situation seine Position als Rudelführer unangefochten behaupten. Der Halter muss durch Konsequenz, Ruhe und innerer Stärke seinem Hund permanent die Position im Rudel zuweisen. Denn zu Problemen zwischen Hund und Halter kommt es nach Millans Vorstellungen nur dann, wenn der Mensch aus falschem Verständnis oder Unkenntnis heraus, keine Rudelführung (im Sinne des Hundes) übernimmt. Bei den Problemfällen, die der Hundeversteher behandelt, bekommen sowohl Halter als auch Hund Lektionen erteilt. Dem Halter trainiert Millan nach seiner Analyse das richtige Rudelführerdasein an. Der Problemhund hingegen bekommt eine „Therapie“ im sogenannten „Dog Psychology Center (Hunde-Psychologie-Zentrum), das der Autor am Stadtrand von Los Angeles führt. Dort lebt Millan mit seinen Angestellten, seiner Familie und einem ständigen 30 - 50 köpfigen Hunde-Rudel. Die Besetzung seines großen Rudels ändert sich stetig. Es setzt es sich größtenteils aus Hunden zusammen, die traurige Schicksale erlitten. Millan verbringt mit dem Rudel die meiste Zeit des Tages, wobei er ein striktes Beschäftigungsprogramm für die Hunde entwickelt hat. Er oder sein Team laufen (skaten) mit den Hunden täglich fünf bis sechs Stunden. Danach widmet er sich den Problemhunden, trainiert diese, während das übrige Rudel sich ausruhen darf. Klar ist, dass bei einem so großen Rudel die Streicheleinheiten keine Rolle spielen.
Beste Therapie für Hunde: Zuführung in ein intaktes Rudel
In das große Hunde-Rudel werden also die zu therapierenden Hunde integriert. Hier lernen diese – möglicherweise zum ersten Mal in ihrem Leben – sich unter- und einzuordnen. Der Rudelführer ist Millan, der die natürliche Rangfolge innerhalb des Rudels nutzt , um den zu therapierenden Hunden ihre Position zuzuweisen. Bei den meisten Hunden ist die Eingliederung in das Rudel schon nach einer oder zwei Wochen vollendet (und meistens erfolgreich). Danach kommen die Tiere wieder zurück zu ihrem Besitzer, der dann hoffentlich seine neue Rolle als Rudelführer ausfüllen kann.
Hintergrund des Autors
Das Buch des Hundeflüsterers ist einfach aufgebaut und hat sehr persönliche Züge. Zu Beginn erläutert Millan die Hintergründe und Entstehung seiner Philosophie: Er wuchs als kleiner Junge auf dem Land in Mexiko auf. Dort gab es verwilderte Hunde, die in lockerer Gemeinschaft mit den Dorfbewohnern lebten. Er fühlte sich den Tieren hingezogen, beobachtete sie und studierte ihr Verhalten in einem „natürlich&lduo; gewachsenen Rudel. Später erweiterte Millan seine Erfahrungen in einer mexikanische Hafenstadt. Denn in diese waren seine Eltern gezogen, um Millan und seinen Geschwistern eine Schulausbildung zu ermöglichen. Der Berufswunsch stand für Millan schon früh fest. Er wollte Hundetrainer werden. Mit 15 Jahren wanderte er illegal in die USA ein und schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten als Hundepfleger oder in Hundefriseursalons durch. Durch seine Fähigkeit mit besonders schwierigen Hunden gut umgehen zu können, bekam er durch einen glücklichen Zufall Kontakt zu einem reichen Hundebesitzer. Der förderte Millan und reichte ihn weiter. Zuletzt erlangte Millan die amerikanische Staatsbürgerschaft und kam sogar ins Fernsehen. Leser können sich bei dieser Lebensgeschichte an den uralten amerikanische Traum erinnert fühlen: Vom Tellerwäscher zum Millionär - beziehungsweise vom armen, illegalen Einwanderer zu einem bekannten Hundeflüsterer.
Kommentar
Während des Lesens entsteht häufiger einmal der Eindruck, dass der Mensch sein Menschsein aufgeben muss, um sich auf die Ebene des Hundes zu begeben. Alles wird in Hinsicht des Rudels und der absoluten Rangordnung innerhalb dieses Gefüges betrachtet. Der Autor berücksichtigt jedoch nicht die Tatsache, dass die Beziehung zwischen Mensch und Hund schon lange und auch sehr erfolgreich besteht. Die Vorfahren unserer Hunde hatten sich entschlossen, ihr Hunderudel zu verlassen, um sich freiwillig dem Menschen anzuschließen. Es entstand eine Mensch-Hund-Beziehung aus der beide Seiten Vorteile zogen. Menschen setzten domestizierte Hunde zum Wachen, Hüten, und Schützen ein. Später wandelten sich die Aufgaben genauso wie das Leben der Menschen - und damit auch das der Hunde. Sie leisten weiterhin wertvolle Dienste als Arbeitshunde beim Zoll, der Polizei oder im Rettungswesen, doch die meisten von ihnen leben als Begleithunde. Ihre „Rudel“ sind moderne Menschen, die sich entweder alleinstehend oder als Familie einen Hund leisten. Auch wenn Hundebesitzer auf dem Lande leben und ihrem Hund viel Bewegung bieten können, so ist das Bewegungskonzept Millans nicht umsetzbar. Kein moderner Mensch hat Zeit, sechs Stunden mit seinem Hund unterwegs zu sein, damit dieser artgerecht gehalten wird. Genauso sieht es mit der Disziplin und Zuneigung aus: Die meisten Hunde erlernen ihre Disziplin von ihrem Besitzer, weil sie kein anderes Rudel kennen. Und sie erfreuen sich der Zuneigung, weil es Teil ihres Lebens als Begleithund geworden ist.
- Tipps vom Hundeflüsterer: Einfache Maßnahmen für die gelungene Beziehung zwischen Mensch und Hund
von Cesar Millan (Autor), Melissa Jo Peltier (Autor), Andrea Panster (Übersetzer):
Goldmann (März 2007)
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Autorin: Marion Kaden